Die stürmische Entwicklung, die zum Beispiel Hyundai oder Kia in Deutschland hingelegt haben, war Ssangyong, dem viertgrößten koreanischen Hersteller, bisher nicht vergönnt. Mit dem neuen Modell Rexton verbessert die Marke aber ihre Chancen, denn das gewachsene SUV bietet mehr Komfort und Sicherheit zu einem erstaunlich günstigen Einstiegspreis.
Für Ssangyong, was soviel bedeutet wie Zwillingsdrache, ist das Modell Rexton das Rückgrat der Präsenz auf dem deutschen Markt. Es genießt einen Ruf als solider Offroader und kräftiges Zugfahrzeug. Die vierte Generation hat allerhand zu bieten: länger als ein Mercedes GLE und billiger als ein Kia Sorento und überdies unterm Blech noch mit solider schwäbischer Wertarbeit ausgestattet. Schon von den Ausmaßen her sortiert er sich jetzt in der Liga nahe BMW X5, Mercedes GLE, Volvo XC90 oder Range Rover Sport ein.
Einen auf Selbstüberschätzung basierenden Anspruch, mit diesen Produkten konkurrieren zu wollen, mag man ihm nicht andichten. Allerdings erscheint der Vergleich mit SUVs gleicher Herkunft, also Kia Sorento oder Hyundai Santa Fe, durchaus statthaft. Auch der Ford Edge wird zu den Wettbewerbern gezählt. Mit aktuell 4,85 Metern ist der Rexton um rund 8,5 Zentimeter in der Länge gewachsen und eine Fahrzeughöhe von 1,83 Metern macht das Wegducken schwierig.
Als Kraftquelle dient nach wie vor ein aufgeladener Vierzylinder, der in der für deutsche Kunden vorgesehenen Version mit Dieselkraftstoff befeuert wird. Bewährtes aufzugeben, kam offenkundig bei der Frage nach dem Getriebe auch nicht in Betracht: Das Sieben-Gang-Automatikgetriebe ist schwäbischen Ursprungs, Mercedes-Kunden finden die Schaltbox in zahlreichen Fahrzeugen der Sternen-Marke. Es überrascht also nicht, dass sich bei den ersten Testfahrten mit dem neuen Rexton kein Anlass fand, Kritik am Schaltkomfort zu üben.
Beim deutschen Importeur geht man davon aus, dass nur ein verschwindend geringer Teil der Käufer einen lediglich über die Hinterachse angetriebenen Wagen bestellen wird. Der Allradantrieb erlaubt es allerdings, mittels Drehknopf auf den Antrieb an der Vorderachse zu verzichten. Außerdem kann man für den 4×4-Betrieb zwischen der Normalübersetzung oder dem Untersetzungsmodus wählen, der für schwierige Fahrbahn- und Geländebedingungen gebraucht wird. Ansonsten ist der Ssangyong Rexton ein Geselle vom alten Schlag, der die traditionelle Konstruktion auf einem Leiterrahmen in die Gegenwart gerettet hat und pflegt.
Fahrzeugen dieser Bauart haftet von jeher eine etwas grobschlächtige Attitüde an, die es zu eliminieren galt. Vibrationen, Fahr- und Störgeräuschen jeglicher Art versuchte man mittels neuer Motorlager und reichlich Dämmmaterial zu Leibe zu rücken. Der Versuch kann als geglückt angesehen werden, denn über unsere insgesamt rund 300 Testkilometer konnten die Insassen einen souveränen und gelassenen Transport genießen. Selbst die montierten Winterreifen taten sich nicht durch vorlaute Abrollgeräusche hervor.
Auf gelegentliche Provokationen durch Kickdown-Gasstöße reagierte der Motor ohne akustische Protestreaktionen, freilich auch ohne übertriebenes Temperament beim Beschleunigen. In dieser Hinsicht sollte man nicht vergessen, dass der Rexton nicht zu den übertrainierten Schwerathleten zählt. Die Abgabe von 181 PS Leistung erledigt der Turbodiesel zwar ohne Anstrengung. Es ist aber auch gerade eben so genug, um einen rund 2,2 Tonnen schweren Hochdach-Fünftürer angemessen in Fahrt zu bringen. Das maximale Drehmoment von 420 Newtonmetern ist ab 1600 Umdrehungen verfügbar.
Zum Vergleich: Turbodiesel mit Vierzylindern aus jüngster britischer Fertigung erreichen mit weniger Hubraum bis zu 240 PS eine Durchzugskraft von 500 Newtonmetern schon bei 1500 Umdrehungen. Aber die Kosten mit den entsprechenden Autos drumherum auch eine ganze Stange mehr Geld. Mit einer maximalen Anhängelast von 3,5 Tonnen stellt der Rexton nicht zuletzt die Bedürfnisse von Pferde-, Camping- oder Wassersportfreunden zufrieden.
Bei der Ausstattung mit Komfort- und Sicherheitssystemen schließt der Rexton zu seinen kleineren Schwestermodellen auf. Das automatische Notbremssystem mit Frontkollisionswarner und Fußgängererkennung wurde ebenso adaptiert wie die Warnung vor dem Verlassen der Fahrspur, der Fernlichtassistent sowie die Verkehrszeichenerkennung. Dies gehört zur Serienausstattung. Der Spurwechselassistent samt Totwinkelüberwachung und Querverkehrwarner ist den höheren Ausstattungslinien vorbehalten. Zum Sortiment der neun Airbags gehört erstmals auch ein Knieairbag. Das ebenfalls neue 3D-Kamerasystem vereinfacht mit seiner 360-Grad-Rundumsicht das Manövrieren in unübersichtlichen Situationen.
Bis zu 1200 Einheiten des neuen Rextons will der Importeur in einem vollen Jahr in Deutschland absetzen. Der vergleichsweise günstige Einstiegspreis von 30 990 Euro dürfte es auch preissensiblen Kunden erlauben, höherwertig ausgestattete Fahrzeuge zu ordern. Beispielsweise verfügt die Sapphire-Version mit Allradantrieb unter anderem über Sitzheizung vorn und hinten, Keyless-Go-System, Lenkradheizung, Sitzbelüftung vorn, LED-Nebelscheinwerfer und Navigationssystem mit 9,2-Zoll-Touchscreen. Sie kostet inklusive Sieben-Gang-Automatik und 20-Zoll-Leichtmetallfelgen 44 690 Euro.
Federungs- und Dämpfungskomfort sind ohne Tadel, die Lenkung könnte etwas gefühlvoller sein, die hohe Sitzposition vermittelt das Fahrgefühl, das wuchtige Gefährt jederzeit im Griff zu haben. Die Innenausstattung ist wohnlich, das Transportvolumen kann bis 1977 Liter (Fünfsitzer) gestreckt werden. Wer den Siebensitzer ordert, muss auf etwa 100 Liter Volumen verzichten. Die Ladekante ist 79 Zentimeter hoch. Beim Rangieren hilft die Rückfahrkamera, denn die dicke D-Säule lässt die Sicht nach schräg hinten mager ausfallen.
Wer eine 180-Grad-Wende im 4×4-Betrieb meistern will, muss mit spürbaren Verspannungen im Antriebsstrang rechnen. Allerdings wird der Allradantrieb tatsächlich nur auf schwerem Geläuf oder im Zugbetrieb gebraucht. Mit dem Heckantrieb kommt man auch auf Schotterpiste oder nasser Wiese gut zurande. Ist man mit Ein-Achs-Antrieb unterwegs, kann man mit 9,5 bis 9,8 Litern Verbrauch je 100 Kilometer auskommen. Das sind 1,2 bis 1,5 Liter mehr, als auf dem Rollenprüfstand unter Normbedingungen gemessen. (amp/afb)