Der Mensch ist Millionen von Jahren ohne die fossile Energie Erdöl ausgekommen, und er wird es in Zukunft wieder – zumindest der Mensch als Autofahrer. Von dieser Überlegung geht auch die Adam Opel AG in ihren strategischen Überlegungen für die Weiterentwicklung des Automobils aus.
Konzepte und Technologien dazu eröffneten die Opelaner jetzt Medienvertretern bei einem Workshop zur Elektromobilität in ihrem Testzentrum im hessischen Dudenhofen.
Einfach wird der Weg in die möglichst emissionsfreie Zukunft nicht; Vielfalt ist angesagt. Jedem ist klar, dass es nicht reichen wird, den Benziner und den Diesel immer mehr in Richtung Effizienz zu trimmen und sie an neue Kraftstoffe zu gewöhnen. Die Lösung wird sich je nach Anwendung und je nach Markt unterscheiden.
Dabei wird uns der Verbrennungsmotor noch lange Zeit erhalten bleiben. Auch in der Strategie der Opel-Mutter General Motors (GM) spielt er noch eine bedeutende Rolle, als Range-Extender, als kleiner Verbrennungsmotor, der für den Opel Ampera und dessen Schwestermodell Chevrolet Volt über einen Generator die Batterie mit Strom versorgt und damit die Reichweite deutlich verlängert.
Daneben befasst sich auch Opel mit dem Elektroauto, das seine Energie entweder aus einer Batterie bezieht oder über die Brennstoffzelle aus Wasserstoff gewinnt. Für alle drei alternativen Antriebsarten spielt Opel im Weltkonzern GM eine bedeutende Rolle, denn in seinem Zentrum für alternative Antriebe in Mainz-Kastel sind viele Kapitel der Forschung und Entwicklung zu diesem Themenkomplex zuhause.
Rund um den eigentlichen elektrischen Antrieb sind noch viele Fragen offen, muss noch viel Entwicklungsarbeit geleistet werden. Die Motoren sind heute noch nicht speziell für den Einsatz im Auto optimiert. Die Bremsen müssen elektrisch werden, ebenso die Lenkung, die Lüftung und Klimatisierung, die Beleuchtung und selbst das Infotainment wird noch einige Energiesparmaßnahmen über sich ergehen lassen. Leichter und aerodynamisch besser müssen die Autos der Zukunft ebenfalls sein.
Über allem steht dabei die Forderung nach Zuverlässigkeit und Sicherheit, wie man es beim heutigen Automobil gewohnt ist. Wer sich für ein Automobil neuer Technologie entscheidet, soll dafür nicht mit Verzicht bezahlen müssen, auch nicht beim Fahrspaß. Wer heutige und frühere Elektroautos im Gedächtnis hat, wird Vieles davon für miteinander unvereinbar halten. Aber letztlich entscheidet der Autokäufer, ob die Autos der Zukunft ein Erfolg werden. Die Widersprüche müssen also gelöst werden.
Doch scheint das wahrscheinlicher als die Entwicklung eines Speichers mit der Energiedichte eines vollen Benzin- oder Dieseltanks. Auch die alternativen Kraftstoffe wie Biodiesel der zweiten Generation und verflüssigte Kohle oder Erdgas können in dieser Beziehung mit den klassischen fossilen Treibstoffen mithalten. Das Problem entsteht bei der Batterie und beim Wasserstoff.
In einer der von Opel gezeigten Modellrechnungen wird das Missverhältnis klar: Das Dieselauto in dieser Rechnung verbraucht auf 500 Kilometer 37 Liter, die 33 Kilogramm wiegen und samt Tank ein Volumen von 46 Litern beanspruchen. Eine Lithiumionen-Batterie für die gleiche Reichweite würde 830 Kilogramm wiegen und 670 Liter Raum verlangen. Beim Wasserstoff sieht das Verhältnis deutlich besser aus, ohne an Benzin heranreichen zu können: 125 Kilogramm und 260 Liter.
Damit ist klar: Die Batterietechnologie erlaubt nur kleine Reichweite in kleinen Autos, wenn allein die Batterie für die Energie sorgt. Das batterieelektrische Auto eignet sich also für den Stadtverkehr, wenn die täglichen Strecken nicht zu lang werden. Auch eine Anwendung in Auslieferfahrzeugen ist wahrscheinlich. Aber selbst, wenn sich die Aussagen zur Kapazitätsentwicklung der Batterien bewahrheiten, wird das an dieser grundsätzlichen Einordnung wenig ändern. Denn zum Beispiel eine Verdopplung der Reichweite macht aus einem Stadt- noch kein Überlandfahrzeug.
Das sieht beim Wasserstoff schon anders aus. Zusatzgewicht und Zusatzvolumen bewegen sich in Grenzen, die ihre Integration ins Fahrzeug ermöglichen. Die heute schon erreichbaren Reichweiten erlauben die Zuversicht, dass dem Wasserstoff als Energiespeicher eine Rolle zukommen wird. Opel sagt jedenfalls für die nächste Generation seines Wasserstoffautos (Hydro Gen 5) Werte für Reichweite und Zuverlässigkeit voraus, die diese Ansicht stützen.
Bleibt die Frage, wie kommt man an den Wasserstoff. Der muss mit Hilfe von regenerativer Energie erzeugt werden, wenn die Umstellung von Benzin oder Diesel auf Wasserstoff sinnvoll sein sollte. Kraftwerke als Stromquelle für die Aufspaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff scheiden nicht erst seit Fukushima aus.
Solarthermische Kraftwerke in der Sahara, deren Panels 300 Quadratkilometer einnehmen, würden ausreichen, um den Energiebedarf der Welt zu befriedigen. Sonne und Wind liefern in Deutschland schon einen bemerkenswerten Anteil des Energiebedarfs, nur leider oft zur falschen Zeit. Experten diskutieren deswegen, wie man überschüssigen Strom speichern kann, bis er benötigt wird.
Opel ist Partner der Clean Energy Partnership (CEP), die den Ansatz verfolgt, die Stromspitzen zur Herstellung von Wasserstoff zu verwenden und später bei Bedarf wieder zu verstromen oder eben in Autos zu tanken. Doch dazu fehlt noch das Tankstellennetz.
Gäbe es das schon, könnte man seinen Wasserstofftank innerhalb von rund drei Minuten wieder füllen, was ein zum heutigen Tanken vergleichbaren Zeitaufwand darstellt. Das wäre ein weiterer Vorteil des Wasserstoffs als Energieträger. Wer sein Batterieauto aufladen will, braucht dafür Stunden an der Steckdose in der eigenen Garage oder bei seinem Arbeitgeber. Es sei denn, er will die Batterie an einer Schnellladestation wieder befüllen. Dann wird er nur rund eine halbe Stunde benötigen aber akzeptieren müssen, dass die Lebendauer seiner Batterie abnimmt.
Bis 2020 sollen in Deutschland 750 000 Ladestationen entstehen, um die bis dahin geplante Zahl von einer Million Elektroautos zu versorgen. Das würde rund drei Milliarden Euro kosten. Dabei würden aber rund 85 Prozent der E-Auto-Besitzer die Batterien zuhause aufladen. Für dieselbe Summe könnte man 2000 Wasserstofftankstellen einrichten und damit ein flächendeckendes Netz anbieten.
Bei GM und Opel hat die Analyse des täglichen Fahrprogramms der Autofahrer zu einer gangbaren Zwischenlösung geführt. Die Batterie im Ampera oder Volt reicht für 50 bis 60 Kilometer und deckt damit rund 80 Prozent aller Fahrten eines Personenwagens ab. Mindestens vier Fünftel der Betriebsstunden fahren diese beiden Modelle also batterielektrisch mit dem Strom von daheim. Erst, wenn die Strecke länger wird, springt der kleine Benzinmotor an und produziert über einen Generator Strom, genug für Reichweiten für insgesamt rund 500 Kilometer.
Ampera und der Wasserstoff-Type Hydro Gen 4 fahren sich fast schon wie die Autos, die wir heute gewohnt sind. Man braucht keine große Phantasie sich vorzustellen, dass die Entwickler das Ziel eines Elektroautos ohne Verzicht erreichen werden. In Dudenhofen fuhren wir jetzt auch einen batterieelektrischen Meriva aus dem Förderprojekt „Me Regio Mobil“, bei dem Automobilhersteller, Energiedienstleister und Wissenschaftler herausfinden wollen, ob man die Batterien in Elektroautos einsetzen kann, um die Schwankungen des Ökostroms auszugleichen. Bei Sonne und Wind im Überfluss lädt der Energieversorger die Batterie des Autos, bei Strombedarf holt er sie sich dort wieder ab. Keiner der Experten wollte so recht glauben, dass Elektroautobesitzer dies zulassen würden, zumal nur geringe Zahlungen für das Loadleveling zu erwarten wären.
So gewann man in Dudenhofen den Eindruck, dass die Fahrzeugtechnik längst weiter fortgeschritten ist als die Energieversorgung für die zukünftigen Elektroautos. Dieses Ungleichgewicht zu beseitigen, hat sich auch die Nationale Plattform Elektromobilität auf die Fahnen geschrieben, in der die Automobilindustrie, die Energieversorger, die Batterietechnik und die Wasserstoffhersteller mit der Politik kooperieren. Fazit des Workshops zur Elektromobilität: In der Zukunft läuft alles auf den Wasserstoff zu. Aber auch batterieelektrische Fahrzeuge und solche mit Range-Extender werden ihren Markt finden. Wie sagte einer der Referenten: „Die Elektro-Mobiltät wird dann funktionieren, wenn der Kunde es will.“ (ampnet/Sm)