Mein Mitfahrer zuckt jedes Mal zusammen, wenn ich den Blinkerhebel betätige. Der klackt aber auch sehr laut! Das Blinkgebergeräusch hätten die Japaner ruhig dämpfen können, als sie ihren kleinen Benziner zum Elektroauto Mitsubishi i-MiEV umkonstruierten. Wer erst einmal ein paar Kilometer elektrisch bewältigte, erwartet keine so herben Geräusche mehr. Er hat sich an die Stille gewöhnt, die erst bei höheren Geschwindigkeiten von Reifen- und Luftgeräuschen übertönt wird.
Ebenso wie an die Stille gewöhnt man sich gern auch an das Drehmoment. Immerhin 180 Newtonmeter und 49 KW / 67 PS treiben den 1110 Kilogramm schweren Viersitzer beim Start so heftig nach vorn, dass man jedes Ampelrennen gewinnen könnte. Das Drehmoment packt eben schon bei der ersten Umdrehung voll zu – von Anfahrschwäche und Turboloch keine Spur. Mit dem beherzten Tritt aufs Fahrpedal kann man Leute verblüffen, auch solche in Sportwagen. So ein Ampelstart ist viel eindrucksvoller als der Wert von 15,9 Sekunden für die Beschleunigung auf 100 km/h erwarten lässt.
Nicht nur mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h gibt sich der i-MiEV als Stadtfahrzeug zu erkennen. Auch seine schmächtige Gesamtbreite von 1,46 Metern und seine Höhe von 1,61 Metern symbolisieren seinen Einsatzzweck als Familienauto für die nähere Umgebung. Daran ändert auch die Reichweite nichts. Der i-MiEV schafft im europäischen Zyklus, den auch die Benziner und Diesel durchfahren müssen, 150 Kilometer – mehr als andere E-Autos, aber nicht viel.
Mehr geben die hochmodernen 16 kWh-Lithiumionen-Batterien nicht her. Wird das Auto gefordert, sinkt dieser Wert sogar noch: auf der Landstraße um 20 Prozent, in der Stadt um 35 Prozent, auf der Autobahn um fast 50 Prozent, mit Klimaanlage an heißen Tagen um 25 Prozent und bei voller Heizleistung um 45 Prozent. Gut, dass man diese Werte nie alle auf einmal addieren muss!
Nach unserer kurzen Praxiserfahrung über mehr als 40 Kilometer auf Landstraßen und durch Ortschaften und bei voll aufgedrehter Heizung samt Gebläse zeigte uns das Batteriekontrollgerät noch eine halbvolle Batterie an. Rund 80 Kilometer wären wohl auch bei Frostwetter möglich.
Das reicht selbst in großen Großstädten in der Regel sicher für einen Tag. Dann aber muss der i-MiEV wieder an die Steckdose, von denen er zwei hat, eine rechts für das Aufladen an der Schuko-Steckdose über eine mit 16 Ampere abgesicherte Stromleitung in der Garage und links eine für Schnellladungen, bei der man über Profi-Ladestationen in wenigen Minuten bis zu 80 Prozent einer Vollladung ziehen kann.
Die Erfahrung in Tokio lehrt übrigens, dass die Schnellladestationen zwar vorhanden sein müssen, aber selten gebraucht werden. Zu wissen, dass sie da sind, beruhigt die Elektroautofahrer ungemein. Sie trauen sich auf einmal, ihre Batterie tiefer zu entladen, weil sie wissen, dass sie schnell nachladen könnten. Das hebt das Fahrgefühl selbst in der Megacity von Tokio.
Stichwort Fahrgefühl: Man sollte sich schon mögen, wenn man mit Passagieren fährt; denn breit ist der Innenraum nicht, aber lang. Das liegt an den kurzen Überhängen und dem so entstehenden langen Radstand. Der und die 15-Zoll-Räder sorgen auch für eine ordentliche Federung des Hecktrieblers. Die Lenkung arbeitet präzise; trotz des hohen Aufbaus hält sich die Wankneigung in Grenzen. Der Umgang mit der Schaltung fällt leicht. Die Kulisse sieht aus wie die eines normalen Automatikgetriebes. Doch darunter steckt nur ein Vorwärtsgang, ergänzt um drei Varianten für die Motorsteuerung, mit denen man selbst über den Grad der Energierückgewinnung beim Rollen und Bremsen entscheiden kann. Wer vorausschauend fährt, kommt in der Stadt mit dem B-Modus sogar ohne Bremse aus. Andere bevorzugen mehr die Gleit- und Segel-Einstellungen D und C.
Diese Stufen der Motorsteuerung sind übrigens die einzigen technischen Unterschiede zwischen dem Mitsubishi i-MiEV, dem Citroën C-Zero und dem Peugeot Ion. Alle drei wurden bei Mitsubishi entwickelt und werden dort auch gebaut.
Weitere Unterschiede finden sich in der Finanzierung. Mitsubishi nennt als Kaufpreis 34 390 Euro. Die PSA-Töchter Peugeot und Citroën setzen eher auf Leasingmodelle, Peugeot zum Beispiel bietet einen Drei-Jahres-Vertrag mit Vollkostenleasing für 491 Euro pro Monat. Beide Preise muss man sich schönrechnen, indem man die Betriebskosten ins Visier nimmt. So werden die drei bei der Vollkasko in Typklasse 21, bei der Teilkasko in 18 und bei der Haftpflicht in 15 eingestuft. Der Strom für die Batterie aus der Steckdose der Garagenwand kostet kaum mehr als zwei Euro pro Tag oder für 150 Kilometer.
Das wird sich ändern, wenn dem Staat und den Energieversorgern auffällt, dass jedes Elektroauto Verluste bei den Mineralölsteuern bringt und den E-Auto-Fahrern ihre Mobilität über den Haushaltsstrom quasi geschenkt wird. Aber so weit ist es noch lange nicht. Mitsubishi hat die erste Partie von 600 i-MiEV bereits verkauft. Bei Citroen und Peugeot sieht das ähnlich aus. Macht zusammen keine 2000 Autos in 2011. Mercedes-Benz ist schon mit einer Kleinserie von der A-Klasse mit Brennstoffzelle und dem Smart Electric Drive im Markt, ebenso BMW mit dem Mini E. Fiat mit dem 500 Karabag. 2011 kommen der Nissan Leaf, E-Autos von Ford und der Ampera von Opel und so weiter.
Einen Massenmarkt kann man das noch lange nicht nennen. In Deutschland sollen bis 2020 eine Million Elektroautos zugelassen werden, also keine fünf Prozent vom Bestand. PSA prophezeit für denselben Zeitraum schon 15 Prozent Elektro- und Plug in-Fahrzeuge. Man wird sehen, wer Recht hat. Eine Revolution auf unseren Straßen erleben wir aber im nächsten Jahrzehnt aber auf jeden Fall nicht. Der Fortschritt ist eine Schnecke, auch und gerade mit Elektroantrieb. (ampnet/Sm)
Daten Mitsubishi i-MiEV
Länge x Breite x Höhe (in m): 3,46 x 1,48 x 1,61
Motor: Permanentmagnetisierter Synchronmotor
Leistung: 49 kW /67 PS zwischen 2000 und 8000 U/min
Maximales Drehmoment: 180 Nm von 0 bis 2000 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 135 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 15,9 Sekunden
Leergewicht / Zuladung: 1110 kg / ca. 270 kg
Reichweite (nach NEFZ): 150 km
Kofferrauminhalt: 227 – 860 Liter
Wendekreis: 9 m
Räder / Reifen: vorn: 4 J x 15; 145/65 R 15; hinten: 5 J x 15; 175/55 R 15
Basispreis: 34 390 Euro